Vergnügen und Inspiration: die Reste von Haus Lütkenbeck


Abseits des Stadtlärms und des hektischen Treibens verlässt man die befahrene Straße und folgt dem von Bäumen umgebenen Lütkenbecker Weg neben dem ein kleiner Bachlauf plätschert. Umgeben von ruhigen Waldgebieten liegen im Südosten der Stadt Münster die Reste von Haus Lütkenbeck.
Seitenansicht mit einem der beiden Oktogontürme.
Die heutige Wohnanlage bildet mit zwei gegenüberliegenden Oktogontürmen, die jeweils über Arkadengänge mit weiteren Gebäuden verbunden sind, einen Halbkreis. Ihre Geschichte reicht bis in die karolingische Zeit zurück, doch als Heidenreich Ludwig Droste zu Vischering das Anwesen erwarb, war es so zerfallen, dass er um 1700 den Neubau der barocken Wasserburg in Auftrag gab. Sie war als mehrteilige Anlage mit prächtigem Herrenhaus sowie einer Vorburg mit oktogonförmigen Pavillons und Wirtschaftsgebäuden gedacht.
Kapelle mit Arkadengang und angeschlossenem Neubau.
Die Vorburg wurde vermutlich von dem Architekten Lambert Friedrich von Corfey, und das Herrenhaus von Gottfried Laurenz Pictorius errichtet. Allerdings zerstörte ein Brand schon im Jahr der Fertigstellung 1720 weite Teile und nur die Pavillons und die Wirtschaftsgebäude blieben erhalten. Der linke Pavillon wird bis heute als Kapelle genutzt und beherbergt zwei Originalgemälde des 1708 verstorbenen Malers Francisco Paletta. Der rechte Pavillon hingegen diente bis circa 1804 als Gerichtsturm und hat heute Wohnungen. Links vom Eingang befindet sich das alte Zehnthaus, in dem sich früher Stallungen befanden, welches nach einigen Bränden schließlich 2011 zu einem Wohngebäude umgebaut wurde. Das Zehnthaus mit Walmdach auf der rechten Seite wurde nicht zerstört, aber auch zu einem Wohngebäude umgestaltet. Trotz dieser unglücklichen Geschichte war Haus Lütkenbeck nicht nur für Menschen aus Münster, sondern weit darüber hinaus, ein Ort des Vergnügens und der geistigen Inspiration. So fanden hier damals wie heute sehr viele Feste statt.
Panorama-Ansicht der Reste von Haus Lütkenbeck.

1801 bis 1812 lebte der in Dänemark geborene Dichter Graf Friedrich Leopold zu Stolberg-Stolberg in Haus Lütkenbeck, der wohl auf Vermittlung der Fürstin Adelheid Amalie von Gallitzin gekommen war. Stolberg gehörte zu einem literarischphilosophischen Kreis um die in Berlin geborene und seit 1779 in Münster lebende Fürstin Amalie von Gallitzin. Sie hatte zeitweilig in Den Haag gewohnt, wo sie durch den französischen Philosophen Denis Diderot mit der Aufklärung in Kontakt kam. Einen starken Einfluss hatte auch der niederländische Philosoph Frans Hemsterhuis auf die Fürstin von Gallitzin. Dieses europäische und revolutionäre Gedankengut trug die Fürstin in den Münsterschen Kreis, „Familia Sacra“ genannt, der die katholische Aufklärung auch von Haus Lütkenbeck aus beeinflusste und vorantrieb. Könnte dieser Ort auch Dich inspirieren über Europa und die Welt nachzudenken?

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