Eine 'Burganlage' in der Stadt - Der Hochbunker an der Lazarettstraße


Der Hochbunker an der Lazarettstraße ist leicht zu übersehen, trotz seiner Größe und seiner Lage mitten in der Stadt, weil er, versteckt hinter großen Bäumen und Gestrüpp direkt hinter den Gebäuden des Deutsch-Niederländischen Korps am Neutor ein Schattendasein hinter einem Metallzaun fristet. Vor allem wenn noch Blätter an den Bäumen sind übersieht man das massige Gebäude leicht, ich selbst bin daran mehrere Male mit dem Fahrrad vorbeigefahren, ohne ihn überhaupt zu bemerken. Dabei ist der sogenannte „Lazarettbunker“ ein interessantes und sowohl geschichtlich als auch architektonisch wertvolles Baudenkmal.
Der Hochbunker von der Lazarettstraße aus gesehen.
Das Besondere an dem 1940/41 auf der ehemaligen Jüdefelder Schanze errichteten Bunker ist, dass er auf den ersten Blick gar nicht als solcher zu erkennen ist. Eigentlich denkt man dabei ja an graue Betonklötze, die mit ihrer Wuchtigkeit die ganze Umgebung erdrücken. Der Lazarettbunker aber wurde mit seinem Aussehen an die bestehenden Stadtstrukturen angepasst und orientiert sich an den ehemaligen frühneuzeitlichen Stadtbefestigungen Münsters an der Promenade. Man kann hier also im Herzen Münsters eine malerische „Burganlage“ mit Wassergraben finden. Der Bunker ist mit roten Ziegeln verkleidet und das große Tor und die Lüftungsschlitze sind mit hellem Werkstein gerahmt, eine typische Kombination in Münster. Die Schauseite wird außerdem noch von zwei gedrungenen Rundtürmen flankiert. Über den Graben führt eine Brücke zum Haupteingang, was den Festungscharakter noch einmal unterstreicht. Nach dem Krieg wurde der Bunker kurzfristig als Gefängnis und Kartenlager genutzt, seit 1993 steht er unter Denkmalschutz. Leider wurde für ihn bisher noch keine neue Nutzung gefunden, weshalb er aktuell nur zum Tag des Offenen Denkmals von Innen besichtigt werden kann.
Der Hochbunker ist fast komplett im Grün verschwunden.
Der Lazarettbunker ist unter dem Regime der Nazis errichtet worden und ist damit Zeugnis für die dunkelste Zeit des Kontinents, als Europa im Zweiten Weltkrieg durchgreifend verändert wurde. Hier sollte die Bevölkerung Schutz suchen vor den alliierten Bombern, die als Reaktion auf den von Deutschland geführten Angriff- und Vernichtungskrieg deutsche Ziele anflogen. 73 Jahre nach dem Ende des Krieges sieht es in Europa glücklicherweise ganz anders aus. Der Lazarettbunker kann nun ein Mahnmal sein für Frieden, Versöhnung und die europäische Einigung.
Jetzt wo wir immer mehr zeitlichen Abstand zu den schrecklichen Ereignissen des 2. Weltkriegs gewinnen könnte der Bunker in Münster als Erinnerungs- und Begegnungsstätte dienen. Heute hat der Bunker für die Bewohner des angrenzenden Kreuzviertels wenig Bedrohliches und gilt auch nicht Schandfleck, sondern ist sogar recht beliebt. Bunker in Stadtvierteln werden wegen ihrer funktionsbedingten Wuchtigkeit von den Menschen häufig als Störfaktor wahrgenommen, beim Lazarettbunker ist das aber durch seine historisierende Fassadengestaltung nicht der Fall.
Der Hochbunker liegt direkt in Münsters Kreuzviertel.
Es wird gesagt, er wirke gar etwas verloren und gerade im Sommer unauffällig, wenn er durch die Bäume nahezu komplett verdeckt wird. Im Gegensatz zu anderer NS-Architektur sei seine Erscheinung nicht so brachial, auch weil er etwas zurückgenommen von der Straße und im Boden versenkt steht. Außerdem biete das umzäunte Areal ein Gebiet für Pflanzen und Tiere in der Stadt.
Ältere Menschen aus dem Kreuzviertel sagten, dass der Lazarettbunker sich jetzt schon seit den 1950er Jahren im heutigen Zustand befinde, also leer stehe und mehr oder weniger verwildere, was schade sei. Viele Anwohner teilten die Meinung, dass sich aus dem Bunker gut ein Kunst- und Kulturzentrum machen ließe, ähnlich dem Zwinger an der Promenade, in dem aber wechselnde Installationen und Ausstellungen gezeigt werden könnten.

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Kommentare

  1. Dass Bunker und Militäranlagen in historisierender Tarnung erscheinen ist zwar eher selten, aber doch nicht ganz unüblich. In Münster sollten ursprünglich gemäß des Luftschutzplanes alle Bunker so gebaut werden, was aber im späteren Kriegsverlauf wegen Geldmangels verworfen wurde.
    Auf der britischen Kanalinsel Jersey bauten die deutschen Besatzer die Burgen Elizabeth Castle und Mont Orgueil zu modernen Festungen mit Geschützstellungen und Bunkern um. Auch diese wurden architektonisch an die Burgen angepasst und geben sich zum Beispiel als mittelalterliche Türme aus.

    LG Tyll Farnschläder

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